Scheidung und Demenz
Ist das überhaupt möglich?
Eine Frage, die mit der steigenden Zahl von Menschen mit Demenz im Zuge des demographischen Wandels die Familiengerichte zukünftig immer öfter beschäftigen wird.
Viele Beziehungen überleben sich im Laufe der Zeit – spätestens, wenn die Verliebtheit endet und der Alltag die Gefühle frisst, beginnen schwere Zeiten für das Paar. Nicht selten mündet die Beziehung in einem „never ending“-Drama aus Enttäuschung und Streit, manchmal auch Wut und Gewalt. Aus der anfänglichen Liebe ist innere Ablehnung geworden und mündet nicht selten in lebenslangem Frust. Diese Konstellation ist eine unmögliche Voraussetzung für das Paar, wenn einer der beiden Unglücksraben nun auch noch zunehmend dement wird. Es stellt sich die berechtigte Frage, ob ein pflegender Ehepartner die Last der Pflege aufbringen und aushalten kann, wenn er schon viele Jahre Frust – bis hin zu Hassgefühlen – für den demenziell Erkrankten gehegt hat. Wichtig zu wissen: Es gibt KEINE VERPFLICHTUNG, weder ethischer noch juristischer Art, dass Sie sich als pflegender Angehöriger ein Leben lang opfern müssen.
Auch einem demenziell erkrankten Menschen ist es möglich, sich von seinem Ehepartner scheiden zu lassen oder umgekehrt. Dabei müssen aber einige Besonderheiten beachtet werden. Zunächst muss der Demenzpatient noch in der Lage sein, seinen Scheidungswillen irgendwie kundzutun. Ist eine solche Willensbekundung nicht mehr möglich, wird es schwierig, überhaupt in diese Richtung tätig zu werden. Ist ein Betreuer bestellt, übernimmt dieser die Beantragung der Scheidung für den Demenzpatienten. Ansonsten muss dem Betroffenen erst ein Betreuer zur Seite gestellt werden, der diese Aufgabe dann für den Betroffenen ausführen kann. Die Pflicht eines Betreuers ist es, den (mutmaßlichen) Willen des Betroffenen herauszufinden und dementsprechend umzusetzen. Im Anschluss daran bedarf es einer gerichtlichen Genehmigung. Dabei wird der vorliegende Sachverhalt geprüft – insbesondere, ob der Betroffene sich wirklich scheiden lassen wollte.
Der umgekehrte Fall funktioniert genauso, nämlich dann, wenn sich jemand von seinem demenzkranken Ehegatten scheiden lassen möchte. Hierbei muss auch ein Betreuer vorhanden sein, der den Willen des Demenzkranken nach außen trägt. Das wäre in dem Fall dann die Zustimmung zur Scheidung. Wenn der Betreuer für den Betroffenen die Zustimmung zur Scheidung nicht gibt, weil er beispielsweise der Ansicht ist, dass die Trennung dem Willen des Betroffenen nicht entspricht, müssen die Scheidungsvoraussetzungen erst dargelegt werden. Es muss also ein Scheitern der Ehe nachgewiesen werden. Lebt der demenziell Erkrankte zum Beispiel schon seit über drei Jahren im Pflegeheim, kann der Ehepartner, der sich scheiden lassen möchte, vortragen, dass hier eine dauerhafte Trennung des Ehepaares vorliegt, was wiederum vor Gericht als Scheidungsgrund gewertet werden kann.
Abschließend kann man feststellen, dass eine Scheidung im Fall einer Demenz möglich ist, allerdings sowohl die psychologischen als auch die rechtlichen Gegebenheiten nicht ganz einfach zu lösen sind.
Ihre Isabella Popp
www.rapopp.de